Grundkenntnisse zum Betrieb einer Elektrozaunanlage
Physikalische Grundkenntnisse beim Weidezaun
Einige technische Grundkenntnisse sind Voraussetzung für das Verständnis der Funktionsweise einer Elektrozaunanlage.
Um sich das Ganze besser vorstellen zu können, wird gerne das Beispiel des Gartenschlauchs verwendet:
Gehen wir davon aus, dass in einem Gartenschlauch Wasser fließt.
Das durch den Gartenschlauch fließende Wasser symbolisiert dabei den elektrischen Strom.
Der anliegende Wasserdruck stellt die anliegende elektrische Spannung dar. Umso größer der Druck, umso mehr Wasser fließt durch den Schlauch. Der Wasserdruck (die Spannung) herrscht auch, wenn kein Wasser fließen kann (kein Stromfluss), weil z. B. das Gartenschlauchende mit einem Sprüher geschlossen ist. Der geschlossene Sprüher ist vergleichbar mit einem großen elektrischen Widerstand. Nach Öffnen des Sprühers kann das Wasser wieder ungehindert fließen. Sobald man den Gartenschlauch jedoch ein wenig knickt, nimmt der Wasserfluss wieder ab. (Vergleichbar mit einem Knoten im Leitermaterial.) Wir haben also erneut einen Widerstand erzeugt. In diesem Fall ist der Widerstand aber nicht ganz so groß wie der geschlossene Sprühkopf, da ein bisschen Wasser (Strom) noch fließen kann.
Grundgrößen
Die elektrische Spannung [U] kennzeichnet die unterschiedliche Menge an Ladungen zwischen zwei Polaritäten. Eine Spannungsquelle z. B. eine Batterie oder eine Netz-Steckdose besitzt immer zwei Pole mit unterschiedlichen Ladungsmengen. Der Minuspol besitzt einen Überschuss an Ladungen (Elektronen), der Pluspol hingegen weist einen Mangel an Elektronen auf. Diesen Unterschied an Elektronenmengen bezeichnet man als elektrische Spannung (Ladungsdifferenz). Mit der Spannung kann man also beschreiben wie hoch der Ladungsdruck in einer elektrischen Schaltung ist. Die Höhe der Spannung wird in Volt angegeben.
Beim Aufbau einer Elektrozaunanlage schließt man das Elektrozaungerät an eine Batterie oder Netz-Steckdose als Spannungsquelle. Daraufhin verbindet man den Ladungs-reichen Minuspol (Zaunanschluss) des Elektrozaungerätes mit dem Leitermaterial (Litze, Seil, Band, Draht) des Elektrozauns über das Zaunanschlusskabel (auch umgekehrter Anschluss möglich). Der Ladungs-arme Pluspol (Erdanschluss) wird über ein Erdungskabel und einem Erdungspfahl mit der Erde verbunden. Es herrscht somit eine elektrische Spannung an der Elektrozaunanlage, genauer gesagt zwischen dem Ladungs-reichem Leitermaterial und der Ladungs-armen Erde.
Beim Elektrozaun gibt es zudem die Besonderheit, dass das Elektrozaungerät diese Spannung nur immer sehr kurz aufbaut. Man sagt, die Spannung wird Impuls-artig abgegeben. Das bedeutet, dass das Gerät nur ca. alle 1,2 Sekunden für wenige Millisekunden eine Spannung erzeugt.
Technischen Daten der Elektrozaungeräte weisen häufig die „Ausgangsspannung“ und „Spannung bei 500 Ohm Widerstand“ aus.
Der Wert der Ausgangsspannung, auch Leerlaufspannung genannt, ist für die Praxis quasi nicht relevant, da dies die Spannung am Ausgang des Gerätes ausdrückt, wenn kein Elektrozaun angeschlossen ist.
Die Spannung bei 500 Ohm Widerstand stellt den theoretischen Wert der Spannung dar, der herrscht, wenn ein Zaun angeschlossen und ein Tier oder Bewuchs den Zaun berührt.
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass bei Körperberührung (500 Ohm) die Zaunspannung 5000 Volt nicht überschreiten darf.
Verbindet man jetzt die beiden Pole miteinander (Schließen des Stromkreises), gleicht sich der Ladungsunterschied aus. Die überschüssigen Elektronen am Minuspol fließen über die Verbindung (den elektrischen Leiter) zum Ladungs-armen Pluspol (Entladung). Dieses Fließen von Ladungen wird als elektrischer Strom [I] bezeichnet und kennzeichnet das Übertragen elektrischer Energie. Der Ladungsdruck, also die elektrische Spannung, nimmt beim Fließen des Stroms ab. Je mehr Elektronen pro Sekunde durch den Leiter fließen, desto größer ist die elektrische Stromstärke (in Ampere angeben). Allerdings kann der Elektronen-Strom nur ungehindert fließen, wenn die Verbindung zwischen den zwei Polen ausreichend leitfähig ist.
Die überschüssigen Ladungen im Leitermaterial des Zauns haben das Bestreben über die Erde zum Ladungs-armen Pluspol (Erdanschluss) am Gerät zurückzufließen, um die Ladungsdifferenz auszugleichen. Stellt man eine Verbindung zwischen dem Ladungs-reichen Leitermaterial und der Erde her, wird der Stromkreis geschlossen. Eine solche Verbindung könnte z. B. durch Bewuchs am Zaun oder ein Tier entstehen, welches den Zaun berührt. Die Ladungen können dann vom Zaun über das Tier, durch die Erde, zum Erdungspfahl und von hier durch das Erdanschlusskabel zum Pluspol des Gerätes fließen. Das Tier merkt diesen fließenden Strom als unangenehmen Reiz und wird Abstand vom Zaun nehmen. Dadurch, dass die Spannung immer nur Impuls-artig aufgebaut wird, ist auch der Stromfluss immer nur von kurzer Dauer, nämlich ebenfalls nur ca. alle 1,2 Sekunden für wenige Millisekunden. Man spricht deswegen vom Stromschlag oder kurz „Impuls“. Das Tier oder ggf. auch der Mensch hat so die Möglichkeit sich in den Impulspausen vom Zaun zu entfernen. Sobald es zum Stromfluss kommt, sinkt die Spannung am Zaun. Dies ist auch der Fall, wenn z. B. hohes Gras oder Büsche die Verbindung zwischen Zaun und Erde darstellen. Aus diesem Grund ist immer darauf zu achten, Bewuchs und andere Ableitungen am Zaun zu vermeiden, um permanent die volle Hütespannung und die daraus resultierende Stromschlagstärke am Zaun zu gewährleisten. Bewuchs am Zaun kann man mit Löchern im Feuerwehrschlauch vergleichen. Bei vielen Löchern fließt kein Löschwasser und bei viel Bewuchs herrscht keine Hütesicherkeit.
Die elektrische Leitfähigkeit eines Materials gibt an, wie gut es Ladungen (hier Elektronen) vom Minus- zum Pluspol transportieren kann. Die elektrische Leitfähigkeit zeigt also an, wie viele freie Ladungsträger in einem Material vorhanden sind.
Elektrisch leitfähige Materialien sind zum Beispiel: Kupfer, Gold, Aluminium, Eisen, Messing, Zinn, Blei, Zink, Nickel, Graphit, Edelstahl, Salzsäure, Schwefelsäure, Salzlösungen mit Wasser.
Elektrisch nicht leitfähige Materialien (Isolatoren) sind zum Beispiel: PVC, Recycling-Kunststoffe, bestimmte Holzarten, Teflon, Epoxidharz, Papier, Steine, Glas, Lack, Öle, Luft, Rost.
In einer Elektrozaunanlage kommen an verschiedenen Stellen gut leitfähige Materialien zum Einsatz. Zum einen werden gut leitfähige Materialien im Leitermaterial verwendet. Dabei ist zu beachten, dass es verschiedene Qualitätsstufen gibt. Je nach Tier und Zaunlänge stehen verschiedene Leitermaterialien zur Verfügung. Kunststofflitze mit Edelstahleitern, Weidezaunseile mit Kupferleitern, Breitbänder mit Niro-Leitern, glatter Aluminium-Zink-Draht oder verzinkter Stahldraht sind nur einige der möglichen Beispiele.
Gut leitende Materialien befinden sich ebenfalls im Zaun- und Erdanschlusskabel und selbstverständlich sollte auch der Erdungsstab aus sehr gut leitendem Material, wie z. B. verzinktem Stahl, bestehen.
Nicht leitfähige Materialien kommen in der Elektrozaunanlage als Isolatoren zum Einsatz. Diese sind dazu bestimmt, das Leitermaterial im Zaun zu führen ohne dabei eine Verbindung zur Erde herzustellen. Auf diese Weise werden Strom-Ableitungen am Zaun verhindert und eine dauerhaft hohe Hütespannung gesichert.
Um einen Zaun schnell und einfach zu errichten werden häufig Kunststoffpfähle verwendet. Auch diese bestehen aus nicht-leitfähigem Material und verhindern so eine Ableitung zur Erde.
Werden die Ladungsträger im Inneren eines Leiters am Transportieren der Elektronen gehindert, spricht man vom elektrischen Widerstand [R]. Dieses tritt z. B. auf, wenn die freien Ladungsträger gegen Atome stoßen und so in ihrem Fluss gestört werden. Ein Widerstand behindert also den Stromfluss. Jedes Bauteil, welches in einen elektrischen Schaltkreis eingebaut ist, besitzt einen Widerstand und hat somit Einfluss auf Strom und Spannung. Man kann den elektrischen Widerstand auch als Gegenteil zur elektrischen Leitfähigkeit ansehen. Umso höher der Widerstand eines Materials, umso schlechter dessen Leitfähigkeit. Die Größe des elektrischen Widerstands wird in Ohm angegeben.
In der Elektrozaunanlage kommen an verschiedenen Stellen Widerstände, die den Stromfluss behindern, zum Tragen. Besonderes Augenmerk ist beim Errichten der Zaunanlage auf folgende Punkte zu richten: Jedes Zaun-Leitermaterial weist einen Widerstand auf. Hierbei gilt zusätzlich, umso länger der Zaun, umso größer der Widerstand. Gut leitendendes Leitermaterial wie glatter Aludraht hat einen sehr geringen Widerstand und eignet sich gut, um Ladungen auch über weite Zaunstrecken zu transportieren. Einfache Kunststofflitze mit nur wenigen Edelstahlfäden als Leitermaterial eignet sich eher für kurze Strecken. Ein weiterer Widerstand weist das Tier selbst auf. Die Wolle eines Schafes leitet sehr schlecht und stellt somit einen großen Widerstand dar. Damit das Tier einen Stromfluss überhaupt bei Berührung bemerkt, muss die Hütespannung am Zaun schon ausreichend groß sein. Tiere mit kurzem Fell weisen hingegen einen geringeren Widerstand auf.
Ein weiterer sehr wichtiger Punkt stellt die Erdung dar. Die Erde muss gut leitfähig sein. Das heißt, die Erde darf nicht zu trocken sein und muss über einen oder mehrere Erdungspfähle gut mit dem Erdungsanschluss des Elektrozaungerätes verbunden sein.
Es ist unbedingt darauf zu achten, Verknotungen von Leitermaterial oder Wickelverbindungen zu vermeiden! Im Knoten haben nicht alle leitenden Drähte miteinander Berührung. Sobald Leitermaterial wie z. B. ein gerissenes Weidezaunband verknotet wird, entsteht durch den Knoten ein großer Widerstand im Zaun. Dieser würde den Stromfluss abschwächen!
Besonders bei technischen Geräten ist häufig von Energie [W], auch als elektrische Arbeit bezeichnet, die Rede. Energie ist ein Maß dafür, wie viel Arbeit jemand oder etwas (z. B. ein Weidezaungerät) verrichten kann. Umso mehr Energie in einem technischen Gerät steckt, umso arbeitsfähiger ist es.
Die Energie ist eine physikalische Zustandsgröße, die sich nicht messen, aber berechnen lässt:
Energie(Joule) = Spannung(Volt) x Strom(Ampere) x Zeit(Sekunde)
Beim Elektrozaungerät ist häufig von „Ladeenergie“ und „Entlade-Impulsenergie“ die Rede. Die Ladeenergie ist dabei die Energie, die das Gerät aus der Steckdose oder Batterie entnimmt und für sich selbst verbraucht.
Um verschiedene Elektrozaungeräte hinsichtlich ihrer Stärke zu vergleichen, wird die Entlade-Impulsenergie herangezogen.
Die Entlade- Impulsenergie ist die maximale Energie, welche ein Gerät am Zaun abgibt. Dieser Wert kennzeichnet die Gesamtwirkung eines Elektrozaunimpulses und zeigt an wie leistungsfähig ein Elektrozaungerät ist. Die Impulsenergie entspricht der Schlagstärke im Zaun. Je höher diese ist, desto leichter wird Bewuchs vernichtet und umso sicherer ist der Zaun. Bei Körperberührung (500 Ohm) darf die Impulsenergie 5 Joule nicht überschreiten.
Häufig wird die Energie auch pro Zeit angegeben. In diesem Fall spricht man dann von der elektrischen Leistung [P]. Die elektrische Leistung dient als weitere Grundgröße um technische Geräte zu charakterisieren:
Elektrische Leistung(Watt) = Spannung(Volt) x Strom(Ampere)
oder
elektrische Leistung(Watt) = Energie(Joule) / Zeit(Sekunde)
Wir verwenden den Wert der elektrischen Leistung um den Stromverbrauch eines Elektrozaungerätes zu bewerten.
Effiziente Elektrozaungeräte verbrauchen nur noch sehr wenig Strom und sind dadurch kostengünstig und umweltschonend. z. B. verbraucht ein sehr leistungsstarkes Netzgerät wie das NV9000 nur ca. 10 Watt je Stunde. Dies ist viel weniger als der Stromverbrauch einer gewöhnlichen Glühbirne.
In modernen 9-V- und 12-V-Geräten werden zudem Stromspar-Schaltungen verwendet, die den Verbrauch den elektrischen Zaunverhältnissen anpassen.
Wichtige physikalische Formeln für den Weidezaun zusammengefasst:
[U]Spannung(Volt) = Widerstand(Ohm) x Strom(Ampere)
[I]Strom(Ampere) = Spannung(Volt) / Widerstand(Ohm)
[R]Widerstand(Ohm) = Spannung(Volt) / Strom(Ampere)
[W]Energie(Joule) = Spannung(Volt) x Strom(Ampere) x Zeit(Sekunde)
[P]elektrische Leistung(Watt) = Spannung(Volt) x Strom(Ampere)
elektrische Leistung(Watt) = Energie(Joule) / Zeit(Sekunde)